„Thank You For The Music“

Nina (28), Nichte

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„Als meine Tante ihre Krebsdiagnose erhielt, fing unsere Beziehung eigentlich erst richtig an. Da ich durch mein Studium und meinen Job ein paar Erfahrungen mit Krebspatient:innen hatte, wurde ich schnell zu ihrer Ansprechpartnerin. Sie rief mich an oder schrieb mir, um sich meine Meinung zu Themen wie Psychoonkologie, Kunsttherapie und Klinikaufenthalten einzuholen.

Nachdem sie auf die Palliativstation des Klinikums gekommen war, an dem ich arbeitete, gab ich Klamotten, Zeitschriften und was sie sonst noch brauchte in meinen Mittagspausen oder nach Feierabend für sie auf der Palliativstation ab. Als dann wieder Besucher erlaubt waren, verbrachte ich einen Tag fünf Stunden bei ihr, in denen wir über alles Mögliche sprachen. Sie erzählte mir begeistert von den tollen Pflegerinnen und Pflegern und den tollen Kunsttherapeutin:innen und Psychoonkolog:innen. Sie fühlte sich dort wohl, weil sie sich um nichts als sich selbst kümmern müsste und sie jeden Tag Besuch von ihrer Familie bekam. Besonders gefreut hat sie sich, als sie endlich wieder Hunger hatte und mein Onkel ihr einen Burger und Pommes vorbeigebracht hat, die sie dann gemeinsam an ihrem Bett gegessen haben.

Eine Woche später rief mich meine Mutter an, um mir mitzuteilen, dass meine Tante friedlich eingeschlafen sei. Aufgrund von Pandemie-Einschränkungen konnte die Beisetzung erst einen Monat später stattfinden, das war schwierig für mich so lange darauf zu warten. Die Bestattung fand dann an einem sehr schönen, sonnigen Tag draußen statt. Der gesamte Freundes- und Familienkreis hatte bunte, anstatt schwarzer Kleidung an, wie meine Tante sich das gewünscht hatte. Am Ende der Trauerfeier, als alle gemeinsam über den Friedhof gingen, lief „Thank you for the music“ von ABBA, das hätte ihr sicherlich gefallen.

Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mit meiner Tante verbringen können. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich sie aufgrund meines Jobs, auch trotz der außergewöhnlichen Umstände der Pandemie, zum Ende ihres Lebens noch begleiten konnte. Ich bin mir sicher, dass ihre außerordentliche Lebenslust und Stärke mich immer begleiten wird.“